Akrostichon

W ertschätzung

E hre

R eligion

T oleranz

E rfolg

Diana Neumann

Das Projekt Werte.Dialog.Integration findet nun nach fast drei Jahren seinen Abschluss. Vielfalt, Heimat, Kultur, Gemeinschaft, Familie und viele andere Themen, an denen sich kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede erfahren, verstehen, bewusst machen und überwinden lassen, standen im Mittelpunkt dieses Projektes. Im Zuge dessen absolvierten zahlreiche TeilnehmerInnen die Zusatzausbildung „Philosophieren über Werte im interkulturellen Dialog“  – darunter auch Diana Neumann, Leitung einer Kinderkrippe und tätig in einer Musikschule.

 Wie bist du auf die Zusatzausbildung „Philosophieren über Werte im interkulturellen Dialog“  aufmerksam geworden?

Ich bin durch eine Freundin auf die Zusatzausbildung aufmerksam geworden, da sie mir diese gezeigt hat und sagte, dass sie diese gerne machen würde. Damals habe ich auch noch mit Kindern im Vorschulalter gearbeitet und dachte mir, dass die Fortbildung wirklich ansprechend klingt. Das Philosophieren fand ich so spannend, da ich bei den Vorschulkindern für die Sprachentwicklung zuständig war und es einen schönen Anreiz bietet, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

Inwiefern konntest du das Philosophieren einsetzen?

Das Erlernte konnte ich in der Sprachförderung mit meinen fünf- bis sechsjährigen Vorschulkindern einsetzen. Unter den Kindern waren sowohl Kinder mit Deutsch als Muttersprache als auch Kinder mit Migrationshintergrund. Ich konnte beim Philosophieren direkt mit der Sprachförderung ansetzen, da die Kinder Spaß hatten daran mitzuarbeiten oder etwas zu sagen – so wurden die Kinder zum Sprechen motiviert.

In den philosophischen Gesprächen, die länger dauern als Alltagsgespräche, konnten auch die Kinder mit Migrationshintergrund verstehen, worum es geht und hatten die Zeit auch etwas zu sagen oder ihre Gedanken zu äußern. Durch die sprachliche Begleitung beim Philosophieren und die Wiederholungen der Sätze, lernten die Kindern die deutsche Sprache sicherer. Und dadurch, dass sie den anderen Kindern zuhörten und sehen konnten, dass die anderen Kinder auch sprechen, trauten sie sich immer mehr selbst zu sprechen. Durch das Philosophieren hatte ich die Möglichkeit die Kinder genau dort abzuholen, wo sie gerade stehen – und das ganz zwanglos. Dadurch, dass man beim Philosophieren in ganzen Sätzen spricht, konnte ich auch sehen wie weit die Kinder sprachlich schon entwickelt sind. Durch das gemeinsame Sprechen über eine bestimmte Frage hat sich auch gezeigt, dass die Kinder bereits viele schöne Gedanken und Ideen haben.

Über welches Thema hattet ihr philosophiert?

Am Anfang des Kindergartenjahres haben wir viel über das Thema Freundschaft philosophiert.

In der Zeit von Anfang Juni bis zum Schulbeginn haben wir uns dann schwerpunktmäßig dem Thema „Großwerden“ gewidmet. Ich weiß auch noch ganz genau, wie ich dieses Thema eingeleitet habe: Ich habe eine Schultüte in die Mitte gelegt und geschaut, was von den Kindern kommt. Diese nannten dann ihre unterschiedlichen Gedanken, letztlich haben wir uns aber auf die Fragen „Wer bin ich (im Moment)?“ und „Wer werde ich sein?“ geeinigt. Das Thema „Großwerden“ haben wir dann nachfolgenden Einheiten weiter thematisiert und uns auch mit der Frage „Was heißt es eigentlich groß zu werden?“ beschäftigt. Das hat mir wirklich viel Spaß gemacht und es war spannend zu sehen, dass je länger man die Kinder lässt, ohne einzugreifen, dass sie von alleine auf Fragen zum Weiterdenken kommen – dadurch habe ich für mich auch „Aha-Effekte“ erlebt.

Konntest du das Philosophieren in deinen Arbeitsalltag integrieren?

In der Zeit als ich noch mit den Vorschulkindern gearbeitet habe, haben wir regelmäßig im Abstand von zwei Wochen philosophiert. Aber als ich mich dann dazu entschieden habe die Leitung einer Kinderkrippe zu übernehmen, habe ich ziemlich geschluckt, da ich mir dachte, dass ich mit dem Philosophieren eigentlich nicht aufhören möchte. Die Kinderkrippe, die ich leite, wird aber gerade zu einer großen Kindertagesstätte für Kinder bis sechs Jahren umgebaut, da habe ich natürlich die Hoffnung, dass ich im Rahmen einer wöchentlichen Arbeitsgemeinschaft  mit den Kindergartenkindern am Nachmittag philosophieren kann – und das trotz meiner Krippenleitung.

Aber in der Musikschule, in der ich arbeite, habe ich aber auch momentan die Möglichkeit mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. Zwar führe ich dort mit den Kindern keine philosophischen Einheiten durch, aber ich kann trotzdem die Dinge, die ich in der Zusatzausbildung gelernt habe im Gespräch mit den Kindern anwenden und vor allem den Kindern die Zeit und den Raum geben, das was ihnen wichtig ist zu erzählen, ihnen zuhören und einfach mal schauen, was sonst noch so von den Kindern kommt – denn meiner Meinung nach entstehen in einem solchen Raum die besten Ideen.

Welche Effekte konntest du wahrnehmen?

Wie bereits schon erwähnt, hilft das Philosophieren bei der Sprachentwicklung, da die Kinder sich in den philosophischen Gesprächen mehr trauen etwas zu sagen.

Vielmehr hat sich aber durch das Philosophieren etwas im sozialen Kontakt unter den Kindern verändert. Am Anfang haben wir gemeinsam die Gesprächsregeln für das Philosophieren und wie wir miteinander umgehen wollen besprochen. Ich habe das Gefühl, dass die Kinder durch das Philosophieren Rücksicht gelernt haben. Aber auch zuzuhören was ein anderes Kind sagt und auch andere Kinder ausreden zu lassen.

Hat dir die Fortbildung auch persönlich etwas gebracht?

Durch die Fortbildung konnte ich eine persönliche Weiterentwicklung erfahren. Die Fortbildung war für mich selbst auch ein Entwicklungsprozess, weil man sich in den unterschiedlichen Modulen mit verschiedenen Themen auseinander setzen musste. Durch die Fortbildung bin ich offener geworden und traue mir auch mehr zu, einerseits weil ich als einzige Erzieherin in der Gruppe, die aus lauter Lehrer*innen und Direktor*innen bestand sehr gut aufgenommen worden bin, andererseits aber auch weil wir alle in den philosophischen Gesprächen alle sehr persönliche und intime Dinge geteilt haben und das kann man nur, wenn man offen ist. – Am Anfang war das schon sehr gewöhnungsbedürftig für mich, aber mit der Zeit bin ich definitiv für mich gewachsen.

Ich habe die Fortbildung als eine sehr bereichernde Zeit für mich wahrgenommen, da mir einerseits der Austausch mit den anderen Teilnehmer*innen sehr gut tat, aber ich die Fortbildung auch als eine Auszeit aus meinem beruflichen Alltag angesehen habe, in der ich Zeit hatte mich mit mir selbst zu beschäftigen. Eine Auszeit, in der ich auch an meiner eigenen Person arbeiten konnte, da mir durch die Fortbildung einen Rahmen dafür bekommen habe. Das habe ich sehr geschätzt und fände es schön, wenn man die Fortbildung auch generell in den Alltag einbauen könnte.

Besonders an der W-Reihe war für mich, als wir alle uns unsere Schätze und Besonderheiten präsentiert haben und jede*r etwas von sich selbst erzählt hat – das ist mir definitiv noch gut in Gedanken geblieben. Aber am Meisten ist mir ein Gefühl in Erinnerung geblieben: Das Gefühl in eine Gruppe reinzukommen, in der man respektiert und wahrgenommen wird, in der man seine Meinung sagen kann ohne belächelt zu werden – das war wirklich sehr schön.

Was muss passieren, damit Menschen, die aufeinander treffen, sich auch wirklich begegnen?

Es muss passieren, dass sich die Menschen aufeinander einlassen können. Sie müssen sich respektieren und akzeptieren. Den anderen so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten – wie es auch die Goldene Regel besagt. Eine Begegnung kann nur dann stattfinden, wenn der andere das auch möchte und sich auf die Begegnung einlässt.

Projekt Werte.Dialog.Integration. Die Fortbildungsreihe findet als Teil des bayernweiten Projekts Werte.Dialog.Integration. statt. Seit 2016 entwickelt die Akademie für Philosophische Bildung darin spezielle Formate für die Arbeit im interkulturellen Bereich und zur Unterstützung integrativer Prozesse. Das Projekt wird 2019 gefördert vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration und dem Wertebündnis Bayern.

Es ist 2030...

… du wachst auf und gehst hinaus auf die Straße – den Anblick, der sich dir darbietet, würdest du als funktionierende Gemeinschaft beschreiben. Was siehst du?

…Wertschätzung, Akzeptanz und Toleranz unter den Menschen, die sich mit gegenseitigem Respekt begegnen. Jeder nimmt den anderen so an, wie er ist. Egal welcher Religion er angehört, egal welcher Rasse…

Diana Neumann