I Welttag der Philosophie – und was gekochte Eier damit zu tun haben

Philosophieren ist für uns nicht nur eine Angelegenheit für Erwachsene. Im Gastatelier der Whitebox haben sich bei der „Langen Nacht der Philosophie“ auch Kinder mit dem Thema „Anders sein“ beschäftigt. Der Aufhänger, um in diese tiefe Thematik einzusteigen: gekochte Eier. Diese hatten die Workshop-Leiterinnen Petra Reuß und Aylin von Platen an die Kinder verteilt. Die Frage, „Welches besondere Wiedererkennungsmerkmal hat dein Ei?“ führte zu Überlegungen, welche Eigenschaften alle Menschen gemeinsam haben und welche nicht. „Wir alle sterben einmal“, oder „Jeder muss einmal auf’s Klo“, antwortete Maxi. Die anderen 5- bis 9-Jährigen erkannten Unterschiede im Gesicht, beim Fingerabdruck oder dem Blut. „Im Inneren sind Menschen unterschiedlich: Manche sind eher ruhig, andere sind aufgewühlt“, erklärte ein Mädchen. Nicht nur Menschen seien unterschiedlich – die Kinder selbst fühlten sich in bestimmten Situationen auch einmal anders als gewöhnlich. Am Ende des Philosophischen Gesprächs kamen sie gemeinsam mit den Moderatorinnen zum Fazit: Andersartigkeit macht das Leben spannender.

II Welttag der Philosophie – und was Wäscheklammern damit zu tun haben

Für alle Neugierigen boten wir eine Begegnung der besonderen Art an: ein Philosophisches Speed Dating. Dabei saßen sich rund 40 Leute jeweils zu zweit gegenüber – zwischen ihren Füßen ein bunter Stapel mit beschrifteten Papieren, Bildern und Gegenständen. Diese dienten als Gesprächsimpulse. Es ging nun darum, in einem rotierenden System mehr oder weniger tiefgreifende Ideen dazu auszutauschen und das Gegenüber so näher kennenzulernen. Die Dialogpartner setzten sich beispielsweise mit den Themen auseinander „Was ist für dich ein Abenteuer?“ oder „Was verbinde ich mit den beiden Wäscheklammern zwischen unseren Füßen?“ In großer Runde gingen die Gäste im anschließenden philosophischen Gespräch der Frage nach: „Treffen wir uns noch oder begegnen wir uns schon?“ In humorvoller Atmosphäre philosophierten die Teilnehmenden über die Offenheit, Neugier, Emotionalität und Authentizität, die es ihrer Meinung nach braucht für eine echte Begegnung. Ein Mann stellte fest: „Es erfordert Mut, etwas von sich Preis zu geben.“ Eine Frau fügte hinzu: „Wenn man sich öffnet, dann kann es in die Hose gehen, weil man sich verletzlich macht, oder aber es kann ganz toll werden.“

III Welttag der Philosophie – und was ich tun kann, wenn mir keine Fragen mehr einfallen

Über 3 Jahre wartete das Team der Akademie auf diesen Moment: Am Welttag der Philosophie 2019 ging die Plattform „Fragensammler“ online. „Fragensammler“ soll eine interaktive Möglichkeit darstellen für den Ideenaustausch zur gemeinsamen Sinn- und Wesenssuche. „Wir wollten Dinge, die sich aufeinander beziehen. Die Seite ist also aufgebaut wie ein philosophisches Gespräch. Vielleicht entdeckt man unterwegs etwas Schönes, vielleicht hat man danach aber auch mehr Fragen als zuvor“ erklärt Sinan von Stietencron. In jedem Fall lädt die Plattform zum stöbern, mitmachen und entdecken ein – nicht Antworten sollen gegeben werden, sondern Anregungen. Jeder Nutzer ist eingeladen, philosophische Fragen in die Datenbank einzupflegen oder methodische Einstiege für Philosophische Runden zu teilen. Eine Vielzahl an Filterfunktionen erleichtert die Orientierung. Die Seite ist erreichbar unter www.fragensammler.de und ist noch bis Ende Januar kostenfrei im vollen Umfang nutzbar.

IV Welttag der Philosophie – und was wäre, wenn wir einfach nachhaltig handeln würden

Beim krönenden Abschluss des Abends – dem „Wertedialog | Zukunft“ – philosophierten die ca. 80 Teilnehmenden in großer Runde zur Frage „Wozu brauchen wir Nachhaltigkeit?“. Zum Einstieg in das Thema nahm die Moderatorin Julia Blum-Linke die Gäste mit auf eine berührende Gedankenreise ins Weltall: Der Astronaut Ron Garan beschrieb den sogenannten Overview-Effekt beim Anblick der Erde aus dem All so: „Gefühle und Einsichten strömten nur so auf mich ein … als ich unter mir die Erde sah – diese erstaunliche, zerbrechliche Oase, diese Insel, die uns geschenkt wurde und die das Leben vor dem rauen Weltall schützt – überkam mich eine tiefe Traurigkeit, und wie ein Schlag in den Magen traf mich die Einsicht in einen unleugbaren, ernüchternden Widerspruch.“ Und der Autor führt fort: „Welcher Widerspruch das war? Der, dass unser Planet uns vor dem Weltall schützt, wir ihn aber nicht vor uns“ (Jonathan Safran Foer in seinem Buch „Wir sind das Klima“). Wozu brauchen wir also Nachhaltigkeit? „Nachhaltigkeit hat etwas mit Freiheit zu tun. Das steht sogar im Grundgesetz, dass man niemanden einschränken darf“ verknüpfte eine Teilnehmerin. Und was hat das wiederum mit unserer Ökonomie zu tun? „Wachstum ist eine natürliche Metapher, allerdings eine, die etwas Entscheidendes vertuscht – Wucherung müsste es eigentlich heißen“ fügte eine andere Person hinzu. Die Gesprächsrunde lieferte viele Denkansätze, unter anderem: Nicht nachhaltig handeln heißt zerstören! Wir müssen lernen, uns zu beschränken und vor allem Dinge anders zu machen. Dabei gilt es die Wirtschaft, jedoch gleichermaßen die Bereiche Soziales und Ökologie zu berücksichtigen. Doch wie können wir das auftretende Empfinden von Ohnmacht bekämpfen? Im Anschluss an das philosophische Gespräch hatten die Gäste daher die Gelegenheit, in vier „Denkwertstätten“ konkrete Pläne für ihr eigenes nachhaltiges Tun zu entwickeln und sich dabei von der Motivation der geladenen Ehrengäste inspirieren zu lassen. Vor Ort waren Robert J. Kozljanic (Philosoph und Verleger, Albunea-Verlag) und Etienne Denk (Fridays for Future Gruppe München), Christoph Merk (Geschäftsführer Ulenspiegeldruck, Umweltdruckerei) und Mehtap von Stietencron (Vorständin und Kampagnenmacherin, rehab republic).

Angaben zu den Fotos

Referenz: Werksviertel-Mitte

Fotografin: Eva Fredrichs @evafredrichs