Beiträge

„Philosophische Cafés“ in München und Forstinning

Die Tradition der Philosophischen Cafés kommt aus Paris. Der Philosoph Marc Sautet rief sie 1992 ins Leben, um die akademische Philosophie ins alltägliche Leben zu holen. Bis 1998 waren aus seiner Einzelinitiative über 250 Philosophische Cafés geworden in denen sich bis zu 200 Personen regelmäßig trafen, um die großen Fragen des Lebens und der Menschheit zu ergründen.

 

Philosophieren im Forstinninger Café Zeitschmiede
Mit einem philosophischen Gespräch zum Thema „Zeit“ mit 21 interessierten Gästen hat Akademieleiter Christophe Rude im Juli 2017 das erste „Philosophische Café“ seiner Heimatgemeinde Forstinning ins Leben gerufen. Im örtlichen Café Zeitschmiede, deren Inhaber Marcus und Angela Stimmer das Vorhaben von Beginn an begeistert aufgenommen hatten, soll nun einmal im Vierteljahr ein offenes „Philosophisches Café“ zu immer wechselnden Themen stattfinden.

Nächster Termin: Donnerstag, 7. Dezember 2017, 19:30 – Anmeldung unter info@cafe-zeitschmiede.de – Eintritt frei!

 

Philosophisches Café im Münchner Haus für Eigenarbeit

Schon länger haben wir nach einer Gelegenheit gesucht, ein „offenes Philosophieren“ in München anzubieten, wo all diejenigen, die dem Philosophieren schon länger verbunden sind, oder die es einmal erleben und kennen lernen möchten, die Gelegenheit haben, einfach mal (wieder) gemeinsam zu philosophieren.

Wir haben nun eine Kooperation mit dem Haus der Eigenarbeit in München ins Leben gerufen und veranstalten dort künftig einmal im Monat ein „Philosophisches Café“. Das gab es bislang dort auch schon, aber mit einem anderen Referententeam.

Nächster Termin: Montag, 13. November 2017, 19:00 – Voranmeldung unter akademie@kinder-philosophieren.de – Eintritt frei!
Weitere Termine: 11.12.2017 | 8.1.2018 | 12.2.2018 | 12.3.2018

Praktikum bei der Akademie Kinder philosophieren – ein Erfahrungsbericht

Ich heiße Tim Nissel, bin 24 Jahre alt und studiere Philosophie im Master an der Universität Bielefeld. Mir gefällt das Philosophiestudium sehr gut und ich würde auch in Zukunft gerne weiterhin mit Philosophie zu haben. Da die Stellen an Unis sehr begrenzt sind und ich mir auch durchaus vorstellen kann, in einer NGO zu arbeiten, wollte ich die Möglichkeit des Praktikums nutzen, um herauszufinden, wie viel Philosophie außerhalb des akademischen Sektors überhaupt möglich ist.

In der Regel gibt es keine Praktika oder Berufe, die speziell für Philosophinnen und Philosophen ausgeschrieben sind, sodass sich die Suche nach einem passenden Praktikumsbetrieb als recht mühsam herausstellte. Nach einiger Recherche stieß ich auf die Homepage der Akademie, las mich in ihre Zielsetzung, das Philosophieren mit Kindern zu verbreiten, ein und bewarb mich.

Am ersten Tag des Praktikums wurde ich sehr herzlich begrüßt, dem Team vorgestellt und erhielt Zeit, mich mit Büchern und Texten in die Arbeit der Akademie Kinder philosophieren und ihr Konzept genauer  einzulesen. Nach einer kurzen Zeit des Einarbeitens bekam ich bereits erste eigene Aufgaben zugeteilt, welche von Rechercheaufgaben über Überarbeitungen von Handouts und Flyern bis hin zum Führen eines Interviews reichten. Recht früh hatte ich auch das Gefühl, dass ich nicht bloß Arbeit machte, um beschäftigt zu sein, sondern das Team wirklich entlasten konnte. Darüber hinaus nahm sich jeder im Team die Zeit, mir seinen eigenen Aufgabenbereich vorzustellen, damit ich einen guten Überblick über die unterschiedlichen Aktivitäten der Akademie erhalte.

Im Rahmen des Praktikums erhielt ich auch die Möglichkeit, als Teilnehmer in einige Lehrerfortbildungen, sowie eine Referentenschulung reinzuschnuppern. Hier haben mir besonders die Module F4 und W3 gefallen, da diese Module viele Möglichkeiten zum Philosophieren boten und darüber hinaus für mich neues methodisches Wissen über die Haltung eines philosophischen Gesprächsleiters vermittelten. Der Besuch der Fortbildungen hatte für mich zweierlei positive Aspekte. Zum einen, wie bereits erwähnt, wurde Wissen transportiert, das ich für meinen weiteren beruflichen Weg durchaus gebrauchen kann und zum anderen konnte ich nun auch sehen und erleben, was hinter der alltäglichen Büroarbeit steht – wofür man sie macht.

Neben dem Arbeiten hatte ich, als Nicht-Bayer, auch Zeit um München und Umgebung zu entdecken. An sonnigen Tagen laden insbesondere die zahlreichen Parks und Grünflächen zum Verweilen ein, doch auch eine Reise in die Alpen bietet sich immer an. Bei schlechtem Wetter lohnt sich der Besuch von Museen, von denen es in München sehr viele gibt.

Alles in allem hatte ich eine sehr schöne Zeit bei der Akademie, die rückblickend betrachtet viel zu schnell vorbei ging.

Tim Nissel

Na sowas! Wundern und Staunen im Seminar mit Frau Calvert

Kann „Hubert“ auch philosophieren? Natürlich schon – und: natürlich nicht! Hubert ist Kristina Calverts Kuscheltier, ein schlaksiger Pudel, der die Kinder zum Philosophieren einlädt. In der Phantasie philosophiert er mit, insofern: ja, er kann. Andererseits gibt es seitens der Kinder durchaus Bedenken: „Neeeiiiin! Der is doch ein Kuscheltier!“ Vielleicht würde Calvert dann nachhaken, um heraus zu finden, warum ein Kuscheltier nicht denken kann. Sie folgt einem inneren Mantra des Staunens – „Na sowas?“ -, um Kinder wie von selbst ins Philosophieren zu bringen. Ist Hubert weise? Kann er nicht weise sein? Kennst du denn jemanden, von dem man sagen kann, er ist „weise“? – Yoda! Gandalf. Der Opa, glaub ich. Meine Mama, die weiß, wie man Flecken aus dem T-Shirt rausmacht.

Dr. phil. Kristina Calvert, die uns letzte Woche in München besucht und ein zweitägiges Seminar gehalten hat, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie Kinder im Unterricht ihre Selbstkompetenzen herausfordern und üben und wie Pädagogen ihren Teil dazu tun können. Wie können wir den Raum öffnen für kreatives Denken und forschendes Lernen, dem Schlüssel zur Deutungskompetenz? Logisch begründen, argumentativ analysieren, de- und rekonstruieren von (althergebrachtem) Wissen – das sind die Methoden, die uns ermächtigen, zu konstruieren. Pädagogen müssen, so Calverts These, das Zeug dazu haben, zu unterrichten für eine Welt, die es nicht gibt. Diese Welt ist die Zukunft, in der die Kinder als Erwachsene leben und handeln müssen. „Mein Ziel ist, dass die Kinder zum Konstruieren kommen. Ich begleite sie dabei.“ Voraussetzung dafür: Ich muss scheinbar Selbstverständliches, also die mir präsentierten Vorstellung von Welt, hinterfragen.

Das Phänomen, dass Kinder ab einem gewissen Alter kaum noch Fragen stellen und hauptsächlich reproduzieren, was erwartet wird, breitet sich umso schneller aus, je schneller Antworten, ungeprüft, gegeben werden. Der Weg in die Welt der Kinder führt aber durch ihre Fragen an die Welt. Kinder sollen wieder Fragen stellen können, so Calvert. Sie brauchen einen Raum, in dem sie das „geschmeidige Denken“ üben, ohne den roten Faden zu verlieren. Sie versuchen beim Philosophieren, ihre Ideen in Form bringen, sie auszudrücken, um ihre verschiedenen Vorstellungen von Wirklichkeit mit anderen teilen und diskutieren zu können.

Kristina Calvert versteht Philosophieren auch als Reinigungsprozess: man kann das Wissen, das man erwirbt, hat oder ansammelt, ins Gespräch (die Produktion von Zukunft) einfließen lassen. Ich kann es loslassen, indem ich es formuliere und anderen vorstellbar mache – das schafft Platz für Neues und hilft, Wesentliches zu verinnerlichen. Denn: „Die Welt ist offen für die Deutung!“ Na sowas! Das ist die philosophische Haltung: staunen, hinterfragen, sich wundern, was da kommt. Alle Schubladen schließen, die automatisch aufgehen, sobald eins eine Aussage wagt, z.B. auch die: „Wer dumme Frage stellt, na klar, der wird auch dumme Antworten geben.“ Das ist die Herausforderung für alle Unterrichtenden.

Philosophieren als Methodik, den Schülern den Spaß am Lernen wieder zu geben. Ob da ein Hubert mithilft, ob man Logik-Spiele einsetzt, künstlerisch mit den Kindern arbeitet oder gemeinsam Wörter zerlegt, um zu neuen Assoziationen zu kommen – immer geht es darum, Lust am Konstruieren von Welt und Wirklichkeit zu bekommen. Nur über den Sinn werden wir zum verantwortungsbewussten Handeln kommen.

Zur Dokumentation einer philosophischen Einheit mit Kristina Calvert geht es hier.