Jubiläum und Journalisten

10 Jahre Akademie und schon interessiert sich auch die Presse für uns. Hier kann man nachschauen und -hören:

ARD Mittagsmagazin ab min 31.39; ZDF sonntags ab min 17.05; ARD Nachtmagazin 2707BR Campusmagazin ab min 10:44

Viel Spaß!

 

Von Profidenkern und der Macht der Gesten

Warum? Mit dieser Geste gibt Kinder- und Notfallphilosophin Dr. Doris Daurer, die im Juni im Rahmen unserer Jubiläumsreihe bei uns war, den Kindern eines ihrer „Denkwerkzeuge“ direkt in die Hand: Warum? – die Frage nach dem Grund, die aus einer Meinung im besten Fall ein Argument werden lässt. Den Kindern ermöglicht dieses Denkwerkzeug, die Meinungen der anderen nachzuvollziehen und aufeinander Bezug zu nehmen. In den Runden von Dr. Daurer geschieht das ganz bewusst: Meist schon nach den ersten Aussagen weist sie mit Worten und Gesten darauf hin, wenn etwas noch genauer erklärt werden muss, wenn ein Grund fehlt, wenn geprüft werden muss, woher jemand sein Wissen bezieht usw. Die Kinder lernen schnell, die Gesten zu übernehmen und wenden sie im Gespräch an: Während eines Beitrags können sie mit ihren stummen Gesten zeigen, dass sie etwas noch genauer erklärt bekommen möchten, dass sie gerne ein Beispiel hätten oder ihnen eine Begründung fehlt. Die Denkwerkzeuge sollen aber nicht beim philosophischen Gespräch stehenbleiben, sondern auch im Alltag angewandt werden. Mit kleinen Übungen, die aus dem Alltag der Kinder kommen, erklärt sie den Kindern, wie „Profidenker“ das machen: Ein Kind will seine Brotzeit nicht teilen, die Mama will, dass man ins Bett geht usw. – Wenn Profidenker etwas nicht verstehen, fragen sie zuallererst: Warum? Denn: Es könnte ja sein, dass der Mitschüler, die Mama einen guten Grund hat, warum er sein Brot nicht teilen will, warum das Kind ins Bett gehen soll. Gemeinsam mit den Kindern macht sich Dr. Daurer dann auch auf die Suche nach solchen guten Gründen – und nach schlechten. Wobei jedes Kind für sich überlegen kann, ob es einen Grund gut oder schlecht findet, überzeugend oder nicht.

Dr. Doris Daurer hat ihre Methode in intensiver Auseinandersetzung mit der hawai’ianischen Schule des Kinderphilosophierens entwickelt. Dr. Thomas E. Jackson hat, ausgehend von P4C und Matthew Lipman, diese Richtung entwickelt und etabliert. Mittlerweile gibt es auf Hawai’i sogar eine Highschool, die das Philosophieren als grundlegendes Unterrichtsprinzip nutzt. Auch die Denkwerkzeuge bzw. die „Werkzeugkiste für schlaue Denker“ (Good Thinker’s Tool Kit) gehen auf diese hawai’ianische Richtung von Dr. Jackson zurück. In der Werkzeugkiste finden sich folgende Denkwerkzeuge:

W        Was meinst du mit…?
G         Grund
A         Annahme
F          Folgerung
S         Stimmt das?
B         Beispiel
GB      Gegenbeispiel

Außer den Denkwerkzeugen gibt es auch noch andere Methoden der hawai’ianischen Schule: Abkürzungen, die in das Gespräch gerufen werden können wie „NEFI“ (Nächste Frage bitte!) oder die „cultural lenses“, die helfen sollen, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Wer mehr darüber wissen möchte, findet auf www.p4chawaii.org ausführliche Informationen zu diesen Techniken. Ebenso findet man dort einen Link zur Kailua Highschool, der ersten philosophischen High School Amerikas.

Neben dieser methodischen Seite hat uns an Dr. Daurer vor allem aber ihr Zugang zu den Kindern und ihren Fragen beeindruckt. Dieser achtsame und respektvolle Zugang ermöglicht es erst, dass ein „Fröhliches Forschungsteam“ entsteht und die Kinder eben nicht „hinterherdenken“, sondern beginnen, selbst zu denken. Bevor es nämlich um Begründungen, Beispiele und Folgerungen geht, stellt sich Dr. Daurer vor allem eine Frage: „Was brauchen die mir anvertrauten Kinder?“ Beim Philosophieren, so sagt sie, stellt sie sich in den Dienst der Kinder. Dies findet bereits in ihrer Körperhaltung Ausdruck. Dr. Daurer philosophiert nicht auf einem Stuhl sitzend, sondern kniet sich auf den Boden. Sie macht sich sogar noch kleiner und schreibt während des Gespräches mit. Diese Gesten bringen einerseits ganz konkret zum Ausdruck, dass sie sich „in den Dienst der Kinder“ stellt, sie von ihnen lernen kann und das Interesse der Kinder im Vordergrund steht. Andererseits bringt sie durch das Festhalten des Gesagten eine große Wertschätzung für die Gedanken der Kinder zum Ausdruck (weitergegeben werden die Mitschriften nicht!). Und nicht zuletzt nimmt sie sich als Gesprächsleitung, als Erwachsene aus dem Fokus des Gespräches und ermöglicht es den Kinder viel eher untereinander zu sprechen. Diese Achtsamkeit, gerade wenn es um Körperhaltung, um Gesten geht, die während der Fortbildung auch noch an anderen Stellen thematisiert wurde, war beeindruckend zu erleben und etwas, das man gerne mit ins eigene Philosophieren nehmen möchte.

Wer sich für ihren Ansatz interessiert, Dr. Daurer jedoch nicht erleben konnte, kann ihre Erfahrungen, Methoden und ihre Philosophie des Kinderphilosophierens in „Staunen, Zweifeln, Betroffensein – Mit Kindern philosophieren“ nachlesen.

Als nächstes dürfen wir am 10. November Hans-Joachim Müller begrüßen, den letzten Referenten unserer Jubiläumsreihe, der mit zahlreichen Praxisbeispielen und Einstiegsmöglichkeiten für Kita und Schule vor allem für diejenigen interessant ist, die nach neuen Ideen und Anregungen für ihre philosophischen Einheiten suchen.

 

Autorin des Beitrags: Diana Schick

„Kinder philosophieren“ am 21. Mai im ZDF

Vor einigen Wochen erreichte uns in der Akademie eine Anfrage aus der Redaktion der Sendung „Sonntags“, die wöchentlich (sonntags, versteht sich…) am Vormittag ausgestrahlt wird. In der Sendung vom 21. Mai 2017 geht es in verschiedenen Beiträgen um das Thema „Was können Erwachsene von Kindern lernen?“. Bei der Vorbereitung der Sendung ist die Redaktion auf das Thema „Philosophieren mit Kindern“ gestoßen und mit der Bitte an uns herangetreten, dem Filmteam eine Grundschule zu vermitteln, wo Kinder regelmäßig philosophieren, um dort mit den Kindern, ihren Eltern und Lehrkräften darüber sprechen zu können, welche Bedeutung das Philosophieren für sie hat und welche Wirkungen sie an den Kindern und für sich wahrnehmen.

Am vergangenen Freitag 12. Mai hat das Filmteam nun die Grundschule Wernfeld (Gemünden am Main) in Unterfranken besucht und dort über drei Stunden gefilmt und interviewt. Über eine Stunde philosophierten Kindern der 1. und 2. Klasse mit unserer Trainerin Gerlinde Krehn und ihrer Lehrerin Kristina Kaniber, bei denen wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchten.

Wir sind gespannt auf den Beitrag, der am 21. Mai 2017 um 9:03 Uhr ausgestrahlt und anschließend hier in der Mediathek des ZDF zu sehen sein wird. Über Rückmeldung dazu würden wir uns freuen…

Neuer Zyklus unserer Trainerausbildung startet 2018!

Philosophieren kann das Leben verändern, oder zumindest die Sicht darauf. Haben Sie Lust, tiefer in das Philosophieren einzusteigen und ihre eigene Begeisterung für die Auseinandersetzung mit philosophischen Lebensfragen mit anderen zu teilen? Die Methodik der Philosophischen Gesprächsführung anderen Pädagogen zu vermitteln, ist Aufgabe unserer Trainerinnen und Trainer. Zum Teil arbeiten sie selbständig und bieten die Schulungen der Grundausbildung an Schulen, Kitas etc. an; zum Teil werden sie von der Akademie Kinder philosophieren beauftragt, offen ausgeschriebene Fortbildungen oder Inhaus-Schulungen durchzuführen.

Die Ausbildung zum zertifizierten Trainer / zur zertifizierten Trainerin dauert etwa zwei Jahre und umfasst knapp 40 Präsenztage. Sie wurde seit dem ersten Zyklus 2010/12 inhaltlich und methodisch immer weiterentwickelt und auf die Bedürfnisse der künftigen Trainer/innen zugeschnitten.

Jedes Seminar findet in einem besonderen Ambiente statt: wir buchen schöne Tagungshäuser an verschiedenen Orten in Bayern, darunter Kloster Banz, Schloss Spindlhof oder Kloster Waldsassen.

Der bislang vierte Ausbildungszyklus startet im Februar 2018 und läuft bis Ende 2019. Die Themenschwerpunkte der Bausteine reichen von den Grundlagen der Erwachsenenbildung und Trainerpraxis über Zugänge zur Philosophie bis hin zur Methodik und Geschichte des Philosophierens mit Kindern…

Die Anmeldefrist dafür läuft ab sofort bis zum 31. Oktober 2017.

Wenn Sie Fragen zur Trainerausbildung haben oder wir Ihnen die Anmeldeunterlagen zuschicken sollen, melden Sie sich bitte per Email bei Christophe Rude oder telefonisch unter 089-44108 522.

Praktikum bei der Akademie Kinder philosophieren – ein Erfahrungsbericht

Ich heiße Tim Nissel, bin 24 Jahre alt und studiere Philosophie im Master an der Universität Bielefeld. Mir gefällt das Philosophiestudium sehr gut und ich würde auch in Zukunft gerne weiterhin mit Philosophie zu haben. Da die Stellen an Unis sehr begrenzt sind und ich mir auch durchaus vorstellen kann, in einer NGO zu arbeiten, wollte ich die Möglichkeit des Praktikums nutzen, um herauszufinden, wie viel Philosophie außerhalb des akademischen Sektors überhaupt möglich ist.

In der Regel gibt es keine Praktika oder Berufe, die speziell für Philosophinnen und Philosophen ausgeschrieben sind, sodass sich die Suche nach einem passenden Praktikumsbetrieb als recht mühsam herausstellte. Nach einiger Recherche stieß ich auf die Homepage der Akademie, las mich in ihre Zielsetzung, das Philosophieren mit Kindern zu verbreiten, ein und bewarb mich.

Am ersten Tag des Praktikums wurde ich sehr herzlich begrüßt, dem Team vorgestellt und erhielt Zeit, mich mit Büchern und Texten in die Arbeit der Akademie Kinder philosophieren und ihr Konzept genauer  einzulesen. Nach einer kurzen Zeit des Einarbeitens bekam ich bereits erste eigene Aufgaben zugeteilt, welche von Rechercheaufgaben über Überarbeitungen von Handouts und Flyern bis hin zum Führen eines Interviews reichten. Recht früh hatte ich auch das Gefühl, dass ich nicht bloß Arbeit machte, um beschäftigt zu sein, sondern das Team wirklich entlasten konnte. Darüber hinaus nahm sich jeder im Team die Zeit, mir seinen eigenen Aufgabenbereich vorzustellen, damit ich einen guten Überblick über die unterschiedlichen Aktivitäten der Akademie erhalte.

Im Rahmen des Praktikums erhielt ich auch die Möglichkeit, als Teilnehmer in einige Lehrerfortbildungen, sowie eine Referentenschulung reinzuschnuppern. Hier haben mir besonders die Module F4 und W3 gefallen, da diese Module viele Möglichkeiten zum Philosophieren boten und darüber hinaus für mich neues methodisches Wissen über die Haltung eines philosophischen Gesprächsleiters vermittelten. Der Besuch der Fortbildungen hatte für mich zweierlei positive Aspekte. Zum einen, wie bereits erwähnt, wurde Wissen transportiert, das ich für meinen weiteren beruflichen Weg durchaus gebrauchen kann und zum anderen konnte ich nun auch sehen und erleben, was hinter der alltäglichen Büroarbeit steht – wofür man sie macht.

Neben dem Arbeiten hatte ich, als Nicht-Bayer, auch Zeit um München und Umgebung zu entdecken. An sonnigen Tagen laden insbesondere die zahlreichen Parks und Grünflächen zum Verweilen ein, doch auch eine Reise in die Alpen bietet sich immer an. Bei schlechtem Wetter lohnt sich der Besuch von Museen, von denen es in München sehr viele gibt.

Alles in allem hatte ich eine sehr schöne Zeit bei der Akademie, die rückblickend betrachtet viel zu schnell vorbei ging.

Tim Nissel

Workshop P4C – Bericht aus New York

Fortsetzungsbericht – 12th Biennial Conference of the North American Association for the Community of Inquiry (NAACI)
New Jersey, Montclair State University

V. und letzter Teil: Der Workshop

Nach drei Tagen Konferenz verabschiedeten sich die meisten Teilnehmer von den Montclair Heights. Ein kleinerer Kreis aber blieb, um gemeinsam mit David Kennedy und Maughn Gregory intensiv in einem zwei Tage dauernden Workshop nach allen Regeln der p4c zu philosophieren…

WS im Kreis

Traditionell steigen die p4c-ler mit Texten ins philosophische Gespräch ein. Am ersten Tag über diese Geschichte:

The Battle Between The Hands

Jam tarts! Yum-yum tarts! A plate full! / Marie has eaten a whole big jam tart, mm … / There’s one big jam tart left over. It’s the last one. / The other children have gone into the garden. Marie is alone in the room. / Marie’s eyes glare at the tart. / Marie’s left hand goes forward very slowly. / It’s as if Marie doesn’t know that her left hand is going forward. / Her left hand shifts right towards the big jam tart./ And, just as the left hand is about to take the jam tart, it happens. / Slap! / Marie’s right hand shoots out and slaps the middle of the left hand. / The right hand seems to say: „Marie don’t do that!“ / Can a right hand say something to a left hand? /That’s not possible, is it? / But that’s what happened. / The left hand wants to take the jam tart. The right hand doesn’t want the jam tart to be taken, and it works: the right hand shoots out to stop the left hand. / There’s just one thing that Marie does not understand. / The right hand and the left hand are both Marie’s hands, aren’t they? / Then how can they argue? (by Berrie Heesen)

Und das sind die Fragen, die im Anschluss aus der Gruppe heraus entwickelt wurden:

Can we control our body? How many am I? Can you know yourselve? Are we ever alone? Is the inner conflict between desire and authority always produceful/good? How do we know wich inner voice to trust? Who/what makes the right RIGHT? Who is managing our mind? …

David Kennedy gab uns als Moderator des Gesprächs ungewohnt freie Hand. Es wurde nicht festgelegt, über welche Frage wir philosophieren würden. Nach etwa 20 Minuten, in denen es um die verschiedenen Aspekte und Fragen ging, die wir eingangs gefunden hatten, forderte jemand eine Abstimmung: was ist nun der Gegenstand des Gesprächs, worauf fokussieren wir uns? Welche Frage wollen wir zuerst behandeln? David Kennedy war nicht für eine Abstimmung, seiner Meinung nach war die Gruppe bereits mitten im philosophischen Gespräch, die Abstimmung kam seiner Ansicht nach schon einer unnötigen „Regulierung“ nah. Das Bedürfnis einiger Teilnehmer nach mehr Klarheit gewann trotzdem an Ausdruck und schließlich wurde eine Frage bestimmt (aber nicht in die Mitte gelegt).  Kennedy hakte an bestimmten Stellen nach, ansonsten war das Gespräch wie ein junger Fluss, der sich den Weg zwischen Felsen hindurch sucht. In der Reflexion betonte Kennedy, dass die Gesprächsleitung, engl. „facilitator“, kein Polizist sei, der auf Einhaltung von Regeln oder über die Richtung des Gesprächs zu wachen habe. Die Rolle des Fascilitator sei vielmehr, den Tendenzen des Gesprächs nachzufühlen und ihnen mit Zwischenfragen auf den Grund zu folgen.

David Kennedy: „I just follow you, that’s what I always do. I have this mystik believe that the argument is bigger than all of us. The facilitator should not become a police man saying how this relate to that.“

Ein anderes philosophisches Gespräch fand unter der Leitung von Maughn Gregory statt. Seine Moderation schien uns vertraut, Nachfragen und Zusammenfassen außerdem Tendenzen aufspüren und neue Impulse dazu geben, um in die Tiefe zu gehen, das waren die häufigsten philosophischen Tätigkeiten. Eingestiegen sind wir über die Geschichte von William Steig, der auch den Shrek erfunden hat: „Yellow and Pink“ – auf deutsch unter dem Titel „Gelb und Rosa“ erschienen.

Das ist Maughn, der möglicherweise nächstes Jahr anlässlich des 10-Jährigen Akademie-Geburtstages nach München kommt:

JuliaMaughnKathrin

 

Part IV: Blick über den Zaun – die Nachbarn

Interessant war insbesondere, was die Universitäten Graz und Hamburg in New Jersey aus dem Forschungsbereich Kinder (und Jugend) philosophieren vorstellten:

Die Universität Hamburg hat vor einiger Zeit einen „Arbeitskreis Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen“, gegründet, um Studierenden einen Abschluss in „Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen“ zu ermöglichen. Zu den Mitgliedern zählen u.a. Barbara Brüning, Ekkehard Martens sowie Kerstin Michalik (Fakultät für Erziehungswissenschaften), die in Montclair als Referentin auftrat. Sie berichtete über Erfahrungen und Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung („Philosophizing with Children as an Element of Teaching and Learning“). Hier geht es einerseits darum, das Verständnis für die Ideen und Welt-Wahrnehmung der Kinder zu vertiefen, andererseits herauszufinden, welche (Aus)Wirkung das Philosophieren auf Verhalten und Haltung bei Kindern, aber auch bei Lehrer*innen hat. (Ekkehard Martens und sein theoretischer Ansatz von der Philosophie als einer „lehr- und lernbaren Kulturtechnik“ wird im Rahmen eines Workshops zur „Jubiläumsreihe 10 Jahre Akademie“ im April 2017 zu erleben sein.)

Daniela Camhy von der Uni Graz (Institut für Philosophie) berichtete u.a. über ein EU-Projekt, das in einer Fortbildung am von ihr gegründeten Institut für Kinder- und Jugendphilosophie in Graz aufgegangen ist: PEACE beschäftigt sich mit globaler Migration und dem Umgang mit den gesellschaftlichen Folgen: Wie begegnen wir einander, was wissen wir voneinander, wie können wir uns verstehen oder verständigen und wie für einander sorgen? Philosophieren als Weg zur interkulturellen Verständigung wird auch ein Thema sein, wenn Daniela Camhy im Rahmen unserer „Jubiläumsreihe“ im Februar 2017 nach München kommt.

Theoretisch liegen die verschiedenen Ansätze und Methoden, die auf der Konferenz vorgestellt werden, nicht weit auseinander. Die meisten Referenten beziehen sich auf Lipman und Sharp, haben deren Thesen vielleicht weiter entwickelt oder untersuchen die Wirkung von p4c. In der Praxis gibt es dagegen wahrscheinlich so viele Unterschiede wie Menschen, die mit der Idee bzw. der „Methodik“ Philosophieren arbeiten. Für die einen ist sie eine (unterschätzte, vernachlässigte) Kulturtechnik, für die anderen eine Form von hilfreichem Gespräch zur Analyse oder Findung von Ideen und Standpunkten, wieder andere sehen in der Methodik die einzige Möglichkeit für eine Zukunft der demokratischen Gesellschaft. Man wäre gerne dabei, wenn die Referenten mit den Kindern und Jugendlichen philosophieren…

Unsere Chance: Erleben kann man einige dieser Praktiken und Ansätze in der „Jubiläumsreihe 10 Jahre Akademie„.

 

Part III: British and American English

Great Britain hat europaweit in Sachen p4c (philosophy for children) die Nase vorn – das war unser Eindruck, als wir Lizzy Lewis kennen lernten. Sie ist bei Sapere (Oxford) für Entwicklung und Sponsoring von p4c in England zuständig. Sapere ist der Kurzname der Society for the Advancement of Philosophical Enquiry and Reflection in Education, wurde 1992 gegründet und ist mit einem 8-köpfigen Team und etwa 60 ausgebildeten Trainern in England unglaublich aktiv. Einen guten Eindruck von ihrer Arbeit bekommt man auf der Homepage.

Natürlich haben auf der Konferenz in New Jersey alle Englisch gesprochen. Wissenschaftlichen Vorträgen in einer anderen Sprache zu folgen, ist anfangs ganz lustig, aber wenig gewinnbringend. Nach drei Tagen (und Nächten) Dauer-English-Konversation kommen wir ganz gut mit, ein paar zentrale Begriffe schlagen wir nach. Auf der Konferenz sprechen alle von der Community of inquiry: … unsere philosophischen Runden eine „Gemeinschaft der Befragung“? Was hat inquiry mit Inquisition zu tun oder anders gefragt: wie muss das übersetzt werden? Was für eine Art community ist gemeint? Lest dazu den Artikel von Sapere über die Community of Inquiry, die in den United States und in England eine lange Tradition hat.

Ann M Sharp Zitat

Schmetterling

Was kommt als Nächstes? Fortsetzung folgt! – Part IV: Nachbarn

Das ging voraus:

Part II: Im Konferenzsaal

Gefrühstückt wird gemeinsam im Plenarsaal, auch Mittagessen wird hier oben serviert. Eigentlich muss man den siebten Stock tagsüber gar nicht verlassen, man könnte morgens mit dem Lift hinauf fahren und abends wieder hinunter. Draußen ist es ohnehin sehr heiß, ungewohnt zumindest für uns. Allerdings scheint unser Stockwerk als Kühlschrank für das gesamte Gebäude zu fungieren: Die Klimaanlage bringt alle Räume auf 15 Grad herunter, normal scheinbar für amerikanische Verhältnisse, denn trotz Hilferufen kommt niemand zum Reparieren. Verkehrte Welt: während draußen das Quecksilber auf hochsommerliche Temperaturen klettert, kauern drinnen fröstelnde (europäische) Zuhörer in ihren Stühlen, eingepackt in Anorak, Decken, Schal und dicke Socken, und versuchen, Körpertemperatur und Kreislauf auf einem Level zu halten, das Denken zumindest möglich macht — .

Es gibt ein paar Präsentationen, die den üblichen Rahmen sprengen: entweder werden sie ohne Powerpoint vorgetragen (frei) oder sie sind dermaßen professionell, dass man nie mehr eine PPP selber machen möchte. Eine von der letzten Sorte war die von Daniel Anderson, der ein interaktives PC-Game (und eine entsprechend coole PPP) entwickelt hat, das Rollenspiel und Philosophieren zusammen bringt. Er arbeitet u.a. am Institute of Philosophy  for Children in Vancouver und er fragte sich, wie man die Motivation, die von PC-Spielen ausgeht, für P4C nutzen könnte. Das Ergebnis probiert er nun mit Kindern in Sommercamps aus. Zu den ganz und gar PPP-freien Vorträgen gehörte diejenige von George Ghanotakis, Gründer des Institut Philos, ebenfalls aus Kanada. Er ist Autor verschiedener Bücher und Spiele (Anleitungen teils auf der Blog-/Website des Institut Philos), die er als Einstiegsmöglichkeiten für das Philosophieren mit Kindern produzieren ließ. Olivier Michaud aus Québec untersucht einstweilen die spirituelle Note des Philosophierens: „I came to realize that CPI (community of philosophical inquiry) was less a process of moving from a question or a problem to an answer or a solution, but rather as an experience of creating more problems and puzzlement regarding the subjects discussed. … Therefore, the goal … is to clarify how P4C can be considered as a spiritual practice and what there is to gain in engaging in CPI with that perspective in mind.”  Spannend!

Was passiert als Nächstes? Fortsetzung folgt!  – „Part III: British and American English“

Und das war schon:

Part I: Ankommen

Wir fliegen sechs Stunden gegen unsere Zeit. Nach Ankunft am einsamen Bahnhof Montclair State University (eine weiße Tüte taumelt über den Bahnsteig), beziehen wir oben am Campus ein extra spartanisches Zimmer im Studentenwohnheim. Wir denken uns einfach, Diogenes hat in der Tonne gelebt, und gleich sieht alles anders aus. Kein Mensch auf dem Gelände außer der Empfangsstudentin, später trudeln ein paar Teilnehmer ein und wir gesellen uns zu ihnen. Draußen auf den Stufen vor dem Wohnheim sehen wir uns den Sunset an: eine riesige Grapefruitsonne färbt den Himmel hinter den Hügeln von Montclair purpur und pink. Gigantisch – wir sind tatsächlich in New York. Wobei, die City sehen wir erst am nächsten Morgen: wir tagen in der University Hall, oben im 7. Stock, von hier aus hat man einen weiten Blick über die Marschen von New Jersey und den Hudson River bis ans andere Ufer. Was aussieht wie die Silhouette eines Urwalds, der sich am Horizont ausbreitet, ist in Wahrheit die Skyline von Big Apple…Darüber hat sich ein blaues Zelt gespannt, sonnendurchflutet mit ein paar Wolkenschäfchen, extra für die regendurchweichten und kälteempfindlichen Deutschländer. Der Abend verspricht viel.

Die Konferenz hat für drei Tage ein Programm mit über 60 Referentinnen und Referenten aufgesetzt. Die Eröffnung übernehmen Darryl DeMarzio (Pennsylvania) und Natalie Fletcher (John Abbott College, Montreal/Canada, founding director of Brila Youth Projects, sehenswerte Seite!). Die Referent/innen kommen aus allen Teilen der Welt: wir lernen Leute kennen aus Israel, Holland, Österreich, Italien und der Türkei, aus China, Kanada, verschiedenen US-Staaten und aus Mexico. Fast alle haben auch in verschiedenen Ländern der Welt gelebt oder sind aus anderen Ländern eingewandert. Ihr Thema verbindet sie alle: P4C (Philosophy for Children) oder, näher am Konzept der Akademie, Philosophieren mit Kindern. Die Kontexte sind dabei verschieden. Einige arbeiten an Universitäten und forschen über die Wirkung von P4C oder über die Bedeutung des Philosophierens für Kinder und die Zukunft der Bildungsarbeit. Manche arbeiten in Schulen oder Kindergärten und philosophieren in der Natur, im Matheunterricht, im Museum, vor Mahnmalen. Fast alle berufen sich auf die Theorien, die Matthew Lipman und Ann Margaret Sharp gemeinsam entwickelt haben (Interview 1992).

Wie geht es weiter? Fortsetzung folgt!  – „Part II: Der  Konferenzsaal“

Logo MSU Blick nach New York City

Wo philosophieren Sie eigentlich?

Herzlich willkommen auf unserer neuen Webseite! Da wir immer wieder nach regelmäßig stattfindenden philosophischen Gesprächskreisen für Kinder oder Erwachsene gefragt werden, haben wir auf unserer  Homepage ein kleines Forum eingerichtet, wo Sie sich über Angebote in Ihrer Region informieren können. Auf der Seite Wo philosophieren? finden Sie Orte, Zeiten und Ansprechpartner.

Gleichzeitig möchten wir so unseren Fortbildungsteilnehmern – natürlich auch den ehemaligen – die Gelegenheit bieten, ihre Angebote vorzustellen. Wenn Sie also eine unserer Fortbildungen besucht haben und auf der Suche sind nach Teilnehmern für Ihre philosophische Runde mit Kindern oder Erwachsenen, schreiben Sie Diana Schick eine kurze Mail mit den wichtigsten Eckdaten. Wir stellen Ihren Beitrag gerne online.