Mit Eva Zoller ins Jubiläumsjahr
Es war ein würdiger Auftakt: nicht nur der Rahmen – wir tagten in den schönen Altbauräumen der Haeusler-Villa -, sondern vor allem die geladene Referentin machten dieses erste Seminar unserer Jubiläums-Reihe zu einem besonderen Erlebnis. Eva Zoller Morf, Pionierin der Kinderphilosophie in der Schweiz und wichtiges Vorbild bei der Entwicklung des methodischen Ansatzes der Akademie, nahm die Teilnehmer mit auf eine Reise zu sich selbst: Was heißt es zu sterben? Was oder wer ist der Tod? Wie sind Tod uns Leben miteinander verwoben? Während draußen der Herbst vom Himmel regnete, las Eva Zoller uns was vor – auf diese ihre sehr eigene Art: „Die große Frage“ nach dem Sinn des Lebens – das Buch von Wolf Erlbruch kannten viele, nur Eva holte die wichtigen Kleinigkeiten in den Vordergrund, zum Beispiel das Gold, das (fast) auf jeder Seite an einer bestimmten Stelle auftaucht, wie ein Zeichen, ein Wegweiser fürs Nachdenken. Sie eröffnete uns neue Einblicke in die Möglichkeiten, die im Vorlesen von Kinderbüchern stecken. Auch „Ente, Tod und Tulpe“ wurden lebendig: „Schaut bitte mal: dieser Blick der Ente… Was geht in ihr vor? Und man sieht plötzlich: hier ist sie noch ganz voller Spannung, aber da: ja, da liegt sie weich wie eine Decke auf dem Tod, entspannt. Sie vertraut sich ihm an…“
Philosophieren über den Tod ist ein Tabubruch – in dieser Gruppe aber denken wir nicht heimlich, sondern laut über die Fragen nach, die die Tatsache, dass wir sterben werden, uns aufdrängt: Wofür lebe ich, wenn ich doch sterben muss? Woher rührt die Angst? Was ist zu verlieren? Was ist, wenn ich nicht bin? Ist der Tod ein Problem, das es zu lösen gilt? Oder ist „tot sein“ einfach ein Zustand wie „lebendig sein“… Kann der Tod mein Freund sein oder bleibt er Feind, so lange ich lebe?
Eva Zoller Morf, Gründerin der „Schweizerischen Dokumentationsstelle für Kinder- und Alltagsphilosophie„, philosophiert viel mit Kindern und Jugendlichen über diese Fragen. Sie sieht darin nicht etwas Übergriffiges, etwas, das an Dinge rührt, die sich zu Albträumen entwickeln können. Im Gegenteil: Sie sieht darin einen Umgang mit dem Bedürfnis der Kinder, sich mit den offensichtlichen Rätseln der Welt zu beschäftigen – Rätsel, mit denen sich die Erwachsenen seltsamerweise nicht gerne auseinandersetzen, höchstens an Beerdigungen. Beruhigend, vielleicht auch beschwichtigend reden wir auf unsere Kinder ein: „Denk nicht so schlimme Sachen, Schatz.“ – „Du musst noch nicht sterben, du bist erst am Anfang deines Lebens!“
Philosophieren erlaubt, das hat uns Eva wieder sehr schön vorgemacht, nach den Gefühlen zu fragen: „Ja, das beunruhigt dich, oder? Es ist beunruhigend! – Was ist denn das, was uns beunruhigt?“ „Hast du Angst? Ich hab auch manchmal Angst.“